
Marco Mehring: Max & Fine 2. Henri haut ab. Illustrationen von Kerstin Falkenstein (Tredition, Hamburg 2016, 196 Seiten, € 16,90, ab 5 Jahren)
Diese Fine! Nachdem sie in ihrem ersten Abenteuer den kleinen Bullen Max vorm sicheren Tod gerettet und mit seiner Mama Luise wiedervereinigt hatte, geht es im zweiten Teil, Henri haut ab, spannend weiter. In der Zwischenzeit ist so einiges passiert: Max und Luise wohnen jetzt in einer schönen neuen Scheune, die Fine und ihre Eltern mit dem „Traktor“, pardon: dem Bauern Karl für die beiden gebaut haben. Der Herr Karl ist jetzt auch gar kein „richtiger“ Bauer mehr, er hat nämlich beschlossen, dass er gar kein Milchbauer mehr sein und stattdessen aus seinem Hof einen Ort machen will, wo Tiere einfach nur so leben können, ohne irgendeine Leistung erbringen zu müssen. Lebenshof heißt so etwas. Wie schön!
Bis es so weit ist, ist aber noch viel zu tun, und weil Herr Karl das nicht alleine schafft, hat er sich einen Freund, der praktischerweise Architekt ist, zur Verstärkung geholt. Dessen Sohn Paul ist auch mit von der Partie. Er geht schon in die Schule und kann mit einem Kompass umgehen (das wird später noch wichtig…). Und dann geht das Abenteuer auch schon los: Max entdeckt auf einem Ausflug in den nahegelegenen Wald ein kleines Hühnerküken, aber keine Hühnermama weit und breit. Fine und ihre Freunde beschließen, den kleinen Kerl mitzunehmen, er kann schließlich nicht so alleine im Wald hocken bleiben!
Zuhause angekommen, erzählt Fines Vater ihr eine unglaubliche Geschichte über einen Hühnerbaron, den „Eiermann“ Hohlmann, einen garstig widerlichen Menschen, der seine Hühner so schlecht behandelt hatte, dass ihm schließlich ein Gericht verboten hat, jemals wieder Tiere zu halten – und das will was heißen. Einen Sohn hat er auch noch, der Hühnermillionär, ein ebenso skrupelloses Subjekt wie sein Vater. Hohlmann junior hat nun an die Stelle der alten Legebatterien eine Brüterei gebaut. Zusammen mit Paul fasst Fine den Plan, den neuen Betrieb nachts einmal unter die Lupe zu nehmen.
Wer wissen will, was dort geschieht, wie Henri den Weg in die Freiheit gefunden hat und was es mit dem „Hausmeister“ bei Hohlmann auf sich hat, sollte dringend die Lektüre von Henri haut ab auf die Will-ich-lesen-Liste setzen.
Die Umtriebe der Firma Hohlmann sind angelehnt an die tatsächlichen Skandale der Unternehmerfamilie Pohlmann (Stichwort Bayern-Ei), über die der Autor im Anhang Informationen zusammengestellt hat. Außerdem finden sich im Anhang ausführliche Daten und Fakten zum „Nutztier“ Huhn sowie ausgewählte vegane Alternativen wie Herr Karls deftiges Bauernfrühstück, die keine Gourmetwünsche offen lassen.
Beim Durchblättern eines ihrer Bilderbücher ruft Fine aus: „All das, was hier abgebildet ist, stimmt überhaupt nicht! Die Kälber werden von ihren Müttern getrennt und auch die Hennen dürfen nicht mit ihren Küken zusammen sein!“ Wie recht sie hat, die kluge Fine. Aber was tun? In deutschen Kinder- und Jugendbuchverlagen scheint einhellig die Meinung zu herrschen, das könne man nicht machen, die Wahrheit verkaufe sich nun mal nicht (so die Lektorin eines renommierten Kinderbuchverlags). Der engagierte Autor Marco Mehring verlegt daher seine Fine-Bücher mit Hilfe der Self-publishing-Plattform Tredition. Neben berechtigter Kritik an dieser Veröffentlichungspraxis stellt sie eine ernstzunehmende Alternative dar. Es dürfte noch einige Zeit dauern, bis die Verlage die idyllisch-heiteren Bauernhofgeschichten in die Abteilung Märchen verfrachten.
Marco Mehring und Kerstin Falkenstein zeigen mit dem zweiten Teil der Fine-Reihe (ein weiterer ist bereits in Planung) erneut, dass es möglich und nötig ist, Bücher für Kinder anzubieten, die sich kritisch mit den Themen Tierhaltung und „Tierproduktion“ auseinandersetzen. Die sympathischen Charaktere um die kleine große Fine machen das Lesen zum Vergnügen, auch wenn das Thema sehr ernst und bisweilen traurig ist. Die gute Nachricht ist aber: Am Ende gibt es ein Happy End mit vielen freien und befreiten Tieren.