Ameisen aller Hügel, vereinigt euch!

Super Antifa Graffito

„Ein Soldat weiß, dass das Leben einer einzelnen Ameise nicht zählt. Was zählt, ist die Kolonie. Er lebt für die Kolonie, kämpft für die Kolonie, und er stirbt für die Kolonie. … Ich bin stolz, euch in den Kampf zu schicken.“

In dem computeranimierten Film „Antz“ von Eric Darnell und Tim Johnson aus dem Jahr 1998 gibt es diese düster-apokalyptische Kriegsszene, in der die Ameisenarmee auf Geheiß ihres Generals Mandibel einen „Verteidigungskrieg“ gegen die Termiten führt. Während sie in die Schlacht ziehen, singen die Ameisen zur Melodie von „When Johnny comes marching home again“ ein schauerliches Kriegslied, das mit den Versen „The ants go marching one by one, Hurrah! Hurrah! / We slaughter termites just for fun, Hurrah! Hurrah!“ beginnt.

Sie werden verheizt, sie wissen es, doch es kümmert sie nicht, denn sie sind zu Soldaten erzogen: „We’ll all be dead before we’re through, Hurrah! Hurrah! … Dead ants is what we soon will be, Hurrah! Hurrah!“

Die biopolitischen Großmachtfantasien des skrupellosen Generals Mandibel gehen am Ende nicht auf, doch der Preis ist hoch – tausende Ameisen sind tot. Dennoch: die übriggebliebenen Arbeiterinnen und Arbeiter haben gelernt, dass sie nur überleben, wenn sie kollektiv und in ihrem eigenen Klasseninteresse handeln, statt dem Nationalismus und den territorialen Gelüsten der Herrschenden zu folgen.

Der Film weicht an einigen Stellen vom ursprünglichen Skript ab. Dort gibt es am Ende einige interessante Szenen, die komplett gestrichen sind. In einer verweigert die verbliebene Armee den Befehl, die Arbeiterinnen anzugreifen, weil sie „outnumbered“ (zahlenmäßig unterlegen) sei. Außerdem kürzt laut Skript nach dem Ende des autoritären Militärregimes eine besonnene Ameise, die den Generalsposten übernommen hat, das Militärbudget immerhin um die Hälfte.

Das ist noch keine wahrgewordene Utopie, und diese Ameisen wissen auch nicht, wie eine künftige, eine bessere Welt frei von Arbeitsdogma und Monarchie konkret zu erlangen ist. Doch sie haben bereits erkannt, dass die Arbeiter es sind, die die Produktion kontrollieren, und sie beginnen, das allgemeine Arbeitsethos zu hinterfragen. Für einen US-amerikanischen Film, der ab sechs Jahren freigegeben ist, enthält er erstaunlich viel antimilitaristische und prokommunistische Propaganda.

zuerst erschienen in: Neues Deutschland, 2. März 2022

Gefahr aus dem Stall

Intensive Tierhaltung begünstigt die Entstehung neuer Krankheiten. Bei der Politik zur Bekämpfung des Coronavirus spielt das keine Rolle – obwohl Wissenschaftlerinnen bereits seit Jahrzehnten vor den Gefahren warnen.

Das neuartige Coronavirus kam für viele überraschend. Doch bei Sars-CoV-2 handelt es sich nur um eine von vielen sogenannten Zoonosen, deren Zahl seit Jahrzehnten immer weiter steigt. Drei Viertel aller neu auftretenden für den Menschen gefährlichen Infekte sind solche Zoonosen, also Krankheiten, die von Tieren auf Menschen und andersherum übertragen werden können; das stellte bereits 2001 eine Metastudie der Universität Edinburgh fest. Zu den bekanntesten zählen HIV, EHEC (E. coli), BSE und Toxoplasmose. Sars-Cov-2 ist nur das jüngste Glied in der Reihe – aber sicher nicht das letzte.

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Tote gegen Tote

Gedenken an die Corona-Toten in Hamburg
Gedenken an die Corona-Toten in Hamburg-Altona

Corona-Tote sichtbar machen: In Berlin, Recklinghausen, Hamburg, Bad Kreuznach, Zürich, Linz, auf La Palma und in vielen weiteren Städten haben sich seit Anfang Dezember zahlreiche Menschen einer von der Künstlerin Veronika Radulovic und dem Schriftsteller Christian Y. Schmidt gegründeten Initiative angeschlossen. Jeweils sonntags zum Sonnenuntergang stellen sie Kerzen zum Gedenken an die vielen Toten auf, die am Coronavirus gestorben sind.

Die Kerzen sollen ein Zeichen setzen gegen die Anonymität und gegen das Schweigen. Denn die Toten kommen in den Medien bisher überwiegend abstrakt als Zahlen in einer Statistik vor. In knappen Worten werden »die Zahlen« mit weniger Emotion verlesen als die Lottoergebnisse. Und je mehr es werden, desto stiller wird es in den Medien – die Gesamtzahl der Gestorbenen muss man inzwischen immer öfter selbst recherchieren, sofern nicht gerade eine berichtenswerte traurige neue Anzahl erreicht ist. Weiterlesen „Tote gegen Tote“

Kaltland

Aussagen nach der Art „An der Grippe und anderen Krankheiten sterben auch viele Menschen, das ist halt so“ scheinen mittlerweile standardisiert im Pandemiebewusstsein der Deutschen zu sein. Dieser Fatalismus, diese offenkundige Barbarei nicht nur zu akzeptieren, sondern zu verteidigen, erklärt sich zum Teil aus der Verrohung, die die kapitalistische Produktionsweise mit ihrem Verwertungszwang und ihrer Entfremdung erzeugt und die das Denken und Fühlen zerstört. Verletzlichkeit wendet sich in Aggression, reale wie irrationale Ängste gleichermaßen kanalisieren sich in rechten Parolen. Das Wissen um die eigene Verelendung kulminiert einzig in dem Wunsch, den anderen möge es noch viel elender ergehen. Weiterlesen „Kaltland“

Fast wäre ich nicht stehengeblieben

„Sprechen Sie deutsch?“ An der Ecke Susannenstraße / Schanzenstraße sprach mich heute Abend ein Mann an, der leicht zusammengesackt auf einer Bank saß. Ich hielt das für eine sehr schlechte Anmache und wollte schon weitereilen – nach einem langen Spaziergang durch Planten und Blomen nur noch nach Hause und endlich etwas Richtiges essen. Irgendetwas bewog mich jedoch, stehenzubleiben und den Herrn zu fragen, wie ich ihm helfen könne. „Können Sie 112 für mich wählen?“ Weiterlesen „Fast wäre ich nicht stehengeblieben“

Was tun im Teil-Lockdown oder in der Quarantäne?

Fenster eines maroden HausesAls Ergänzung zu meinem Sammelsurium aus dem Frühjahr (Was tun allein zu Haus?) kommen hier noch einige weitere Ideen, was man tun kann, um nicht durchzudrehen, wenn die Möglichkeiten an Draußen- und Unterwegsaktivitäten eingeschränkt sind. Weiterlesen „Was tun im Teil-Lockdown oder in der Quarantäne?“

Was tun allein zu Haus?

Dies sind ein paar Dinge, die mir einfallen, die man gut (allein) zu Haus machen kann. Ich gehe davon aus, dass auch hierzulande bald mit größeren Einschränkungen der Bewegungsfreiheit zu rechnen ist, um die Ausbreitung des Corona-Virus zu verlangsamen. Das ist nicht nur, aber speziell für Menschen mit Neigung zu Depressionen fatal, denn die zuvor erfolgreich entwickelten Strategien, um mit der Krankheit besser umgehen zu können (z. B. Sport machen, regelmäßig rausgehen, Menschen treffen!), werden von den notwendigen Schutzmaßnahmen durchkreuzt. Weiterlesen „Was tun allein zu Haus?“

Es betrifft alle

„Die jetzt sterben, hätten doch eh Weihnachten nicht mehr erlebt“, „An der Grippe verrecken jedes Jahr Zehntausende, und keinen juckt’s“ oder schlicht „Goodbye, Boomer“ lese ich in meiner Timeline bei Facebook. Auch ich habe anfangs mit Zynismus auf die Meldungen zum Coronavirus reagiert, weil das ein Mittel sein kann, das Gefühl der Hilflosigkeit abzumildern. Angesichts der täglich steigenden Infektions- und Todeszahlen sind Witze und Verharmlosungen allerdings schlicht unangebracht. Alle sind betroffen, und alle sind bedroht. Weiterlesen „Es betrifft alle“

Spaßgesellschaft

Es war einmal ein Gröfaz (Größter Führer aller Zeiten), der hatte die Deutschen so gern, daß er ihnen etwas richtig Gutes tun wollte. Also ersann er den millionenreichsmarkschweren Plan für das »Seebad der 20.000« in Prora, an der Ostküste Rügens. Aber ach, die Fertigstellung des Grövaz (Größtes Volksgemeinschaftserziehungscamp aller Zeiten) mußte wegen der damals doch arg kriegerischen Zeiten auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Weiterlesen „Spaßgesellschaft“