
Martin Klein: Rita das Raubschaf. Illustriert von Ute Krause (Tulipan, München 2009, 88 Seiten, € 12,90, ab 6 Jahren)
Rita ist ein junges Schaf, das wie so viele ihrer Artgenossen das Gras am Deich kurzhalten soll. Ritas Mutter möchte, dass aus ihr ein braves grasendes Schaf wird, das auch noch gute Wolle für Menschenpullis produziert. Rita findet das gar nicht gut, und überhaupt ist sie ein Raubschaf. Und die „behalten ihre Pullover selbst… Und darüber tragen sie Wolfsfell.“ Da die Karriereaussichten am Deich also eher trübe sind und es Rita zu Abenteuern nach Australien und in die Karibik zieht, bricht sie aus dem ruhigen Leben aus und will ein echtes Freibeuterschaf werden.
Mit an Bord ist auch das Rosettenmeerschwein Ruth, das aus seinem kleinen Käfig in Johanns Kinderzimmer ausgebrochen ist. Denn welches Meerschwein will schon im Käfig hocken. Ruth ist immer für einen gereimten Schlachtruf gut und bringt es damit klar auf den Punkt: „Grapschern misstrauen! Süßfinder verhauen!“ – Denn sie will nicht andauern hochgehoben, angefasst und süßgefunden werden. Ruth ist schließlich ein Raubmeerschwein! Und genau wie Rita will sie Pirat in der Karibik werden. Und damit jeder weiß, wie gefährlich Ruth das Raubmeerschwein ist, hat sie geübt wie ein gefährliches wildes Tier zu knurren und hört sich in der Tat ziemlich angsteinflößend an.
Schnell stehen die beiden aber vor einem gewichtigen Problem: Wo sollen sie nur eine Mannschaft herbekommen? Die anderen Schafe interessieren sich nur dafür, wo das Gras am grünsten ist, und die Zootiere, die sie treffen, sind schon so lethargisch oder ängstlich, dass sie von einer Welt ohne Zäune nicht mal mehr träumen. Also machen Rita und Ruth sich alleine wieder auf den Weg und schmieden dabei Freibeuterpläne: Sie könnten ein Handelsschiff entern und Gefangene machen – „zum Beispiel Direktoren von Streichelzoos“, schlägt Ruth vor. Schäfer und deren Hunde würden Rita auch gefallen.
Am Ende reisen die beiden wirklich um die halbe Welt, lernen den südamerikanischen Regenwald und die Oper von Sydney kennen. Aber die Realität ist auch ernüchternd: Die Schafe in Australien sind zwar nicht immer eingezäunt, aber frei sind sie deshalb noch lange nicht. Und in Südamerika werden Meerschweinchen als Delikatesse serviert – bäh! Wo Rita und Ruth letztlich an Land gehen? Das wird nicht verraten, damit niemand sie mehr süüüß finden und angrabbeln kann.
Die Geschichte ist (sprach)witzig, temporeich und ansprechend illustriert. Sie ist zum Selberlesen oder Vorlesen geeignet, denn auch Erwachsene werden sich mit diesen verwegenen Raubtieren nicht langweilen.