
Astrid Frank: Rettet Maja! (Thienemann, Stuttgart 2009, 128 Seiten, € 8,90, ab 8 Jahren)
Sven soll in der Schule ein Referat über den Beruf seines Vaters halten. Der ist Tierarzt in einer Bärenrettungsstation, und gerade ist ein neuer Pflegefall eingetroffen, die Bärin Maja. Ihre Geschichte wird im Folgenden von Sven erzählt:
Maja wird in einem kleinen Privatzoo geboren und sorgt zusammen mit ihrem Bruder Mario für einen Besucheransturm. Allerdings wachsen kleine süße Knuddelbärenkinder zu großen Bären heran, die dann gar nicht mehr süß und knuddelig sind, sondern nur Platz wegnehmen und möglichst gewinnbringend verkauft werden – „Wegwerfbären“ werden sie genannt. So auch Maja – mit gerade mal sieben Monaten, viel zu früh für eine Trennung von der Mutter, landet sie im Zirkus und wird hier mit Keksen und Stromschlägen auf ihre „Karriere“ als Tanzbärin vorbereitet. Denn „zum Zirkus gehören Tiere einfach dazu“, wie der Zirkusdirektor verkündet. Der ist ohnehin ein sehr unsympathischer Geselle, der einem dieser verrückten kritischen Tierrechtsaktivisten nahelegt, ihm „würde ein anständiges Stück Fleisch mal guttun“.
Im Winter bekommen die Tiere nicht etwa ihre Ruhe (und insbesondere Bären brauchen ihren Winterschlaf), nein, in der vorstellungsfreien Zeit heißt es neue Kunststücke üben für die Tiere. Täglich werden sie gedrillt; bei Maja zeigen sich erste Verhaltensstörungen: sie beginnt die Gitterstäbe zu benagen und läuft an der Käfigwand hin und her. Zum Programm gehört jetzt auch das Betteln in der Fußgängerzone, wohin Maja am Maulkorb mitgeschleift wird.
Schließlich geht es mit dem Zirkus immer weiter abwärts, und Maja wird an eine Erlebnisgaststätte mit dem Namen Zur Bärenhöhle weiterverkauft. In einem neuen Gefängnis, einem sogenannten Bärengraben, fristet Maja nun ihr Dasein, wird mit Essensresten gefüttert und mit Abfall beworfen.
Zwischendurch wird Svens Vortrag einige Male unterbrochen und die Schüler*innen sprechen ganz ernst über ihre Zirkuserfahrungen. Ein Mädchen fragt: „Warum sind die Leute denn so gemein zu den Tieren?“
Das Ende der Geschichte führt wieder zurück an den Anfang: Maja ist befreit und ihre Wunden können langsam heilen. Der nächste Schulausflug soll dann auch in den Bärenpark gehen, wo Maja nun mit den anderen geretteten Bären lebt.
„Wildtiere sind im Zirkus heute nicht mehr akzeptabel, denn die Erkenntnisse über die Bedürfnisse von Wildtieren haben sich stark erweitert“, findet sogar Theodor Mantel, Präsident der Bundestierärztekammer, deren Mitglieder nicht unbedingt für ihre Tierliebe bekannt sind (nicht wenige von ihnen frönen als Hobbymörder dem Jagdsport). Einen wichtigen Schritt weiter muss die Forderung allerdings lauten „Gar keine Tiere im Zirkus“ – dass das problemlos möglich ist beweisen etwa der Cirque du Solei und, zumindest bei seinen Auslandstourneen, der chinesische Staatszirkus. Die Autorin Astrid Frank plädiert offenbar ebenfalls für einen Zirkus ganz ohne Tiere, womit sie mehr Verständnis zeigt als viele andere Aktivisten, die sich mit der Forderung nach einem Wildtierverbot begnügen.
Auch wenn es für Maja ein gutes Ende nimmt, haftet der Lektüre etwas sehr Düsteres an. Die Geschichte ist von Anfang bis Ende einfach schrecklich, Majas verzweifelte Lage wird von Station zu Station immer schlimmer, zwischen all dem Grauen und Leid kann man kaum Luft zum Atmen holen. Ja, die Autorin zeigt uns ungeschönt die grausame Realität von Zoo und Zirkus, aber zu geballt, ohne einen Lichtblick zwischendurch. Tiere sind nicht zu unserem Vergnügen da, das wird hier ganz deutlich. Was Menschen ihnen antun, um sie gefügig zu machen und wie sehr die Tiere unter dieser Versklavung leiden, wird ebenfalls sehr deutlich. Eltern sollten daher ihre Kinder nach der Lektüre nicht allein mit dem Gelesenen lassen und mit ihnen in einen Dialog treten; vielleicht bietet sich auch ein gemeinsamer Besuch eines alternativen Wildparks an, wo Tiere wie Maja ein sicheres Zuhause und Würde (zurück)erhalten. Das Buch unterstützt eine sehr deutliche Zirkuskritik und ist dabei sachlich sehr fundiert; trotz der düsteren Stimmung eine Leseempfehlung.
Am Ende des Buches finden sich neben wissenschaftlichen Informationen über Braunbären noch einige wertvolle Literatur- und Internethinweise. Ein Besuch auf den Seiten des Bundes gegen Missbrauch der Tiere oder bei baer.de, dem Internetauftritt der Bärenrettungsstation, die als Inspiration zu diesem Buch diente, ist lohnender und informativer als ein Zoo- oder Zirkusbesuch es je sein könnte. Denn kein Tier gehört hinter Gitter.