
Wolfgang Schorlau: Am zwölften Tag. Denglers siebter Fall (KiWi, Köln 2013, 352 Seiten, € 9,99)
Das Buch ist als Krimi ausgelobt, jedoch haben wir es hier vielmehr mit einem Gesellschaftsroman zu tun, der ausgesprochen kritisch die Zustände in der Tierhaltung thematisiert und hinterfragt. Eine Gruppe von vier Jugendlichen recherchiert im Sumpf der Tierausbeuter, steigt in Ställe ein und dokumentiert das Leben und Leiden der dort gehaltenen Puten, Hühner und Kälber. Bei einer Aktion werden sie erwischt und festgesetzt. In Episoden wird der Monolog Carsten Osterhannes‘, des „Hühnerbarons“, eingeblendet. Die Namensgebung dürfte kein Zufall sein, lässt sie doch schnell an den Chef der PHW-Gruppe, Paul-Heinz Wesjohann, denken, deren bekannteste Marke „Wiesenhof“ ist.
Schorlau zeigt eindringlich nicht nur die unzumutbaren Haltungsbedingungen der Tiere, sondern entlarvt zudem die menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen, die das moderne System der Tierausbeutung hervorbringt. Billige Arbeitskräfte aus Osteuropa, rechtlos gemacht und in Massenunterkünften zusammengepfercht, versehen in 12-Stunden-Schichten die Schlacht- und Zerlegearbeiten. Dass das System Methode hat, zeigt eine ARD-Doku, die der Autor offensichtlich im Zuge seiner Recherchen angesehen hat. Deutlich wird, dass Menschen und Tiere die Verlierer sind – als „Arbeitsvieh“ werden die Billiglöhner an einer Stelle treffend bezeichnet. Überhaupt ist herauszuheben, dass Schorlau viel Zeit in die Recherche gesteckt hat: Er kennt Schlachtzahlen und nennt die Summen an Fördermitteln, die jährlich in die Tierproduktion fließen. Seine jugendlichen Figuren lässt er die Argumente für eine vegane Lebensweise darlegen. Schön, dass Veganer/innen hier einmal nicht als weltfremde Spinner dargestellt werden, sondern die Sympathien klar auf ihrer Seite haben.
Lesenswert ist auch das Nachwort des Autors, in dem er noch einmal einige Stichpunkte aufgreift und empfehlenswerte (Literatur)Quellen nennt, die ihm bei der Arbeit geholfen haben. „Die Tiere, die für diese Industrie ihr Leben lassen, werden vom ersten bis zu ihrem letzten Tag systematisch misshandelt und gequält. Wenn Jakob in diesem Buch sagt, die Tiere hätten keinen einzigen glücklichen Tag in ihrem Leben, hat er recht.“ Nach der Lektüre dürfte sicher dem ein oder anderen das Schnitzel im Hals stecken bleiben.