Lass Tiere sprechen

Des Deutschen Liebstes ist neben Fußball und Ausländerfeindlichkeit bekanntlich sein Haustier. Daher nimmt es kaum wunder, dass die Esoterikbranche am Wohl und Wehe von Waldi & Co. mitverdienen will: 500.000 Treffer liefert die Google-Suche zur telepathischen Kommunikation mit Tieren. Ein Bild per E-Mail und zwei, drei Angaben zum Patienten genügen für die Diagnose. Die Kommunikatoren übersetzen dabei angeblich nur, was das Tier zu sagen hat: Das Reitpferd klagt über Schmerzen in der Schulter und teilt auch gleich das passende Medikament mit, der markierende Kater fühlt sich vernachlässigt und wünscht mehr Aufmerksamkeit, und Hildy, der tote Kanarienvogel, möchte, dass Frauchen wieder glücklich wird und sich einen neuen Käfiginsassen anschafft.

Eine Goldgrube für clevere Scharlatane: Mit 25 Milliarden Euro pro Jahr finanzieren die Sinnsucher hierzulande ihre Geistheiler, Handaufleger und Tierkommunikatoren. Eine Konsultation per Mail oder Telefon ist für den ratlosen Dackelhalter ab 50 Euro zu haben, die schamanische Reise zum persönlichen Krafttier kostet locker das Dreifache.

»Die Menschen glauben gerne, was sie wünschen«, wusste bereits Julius Caesar – und das ist das Wunderbare daran: Man muss den Hokuspokus nicht verstehen, man muss bloß dran glauben. Erspürte nicht auch der Seher bei Asterix, was seine Kunden hören wollen? »Auf Regen folgt Sonnenschein!« – in der Tat, kaum zu widerlegen. Das Erfolgsrezept ist, Banales mit einer Aura von Mystik zu umgeben. Wer dafür zahlt, dem ist auch nicht zu helfen. Mein kluger Kater meint: Das Geld wäre besser in Katzenfutter investiert.

zuerst veröffentlicht in »konkret« 12/2014

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