Krisenlektüre 10: »Unzertrennlich« von Marilyn und Irvin D. Yalom

Cover Unzertrennlich

Familienfotos sind manchmal etwas peinlich. Die Familie Yalom macht hier keine Ausnahme. Kurz vor Irvin D. Yaloms 90. Geburtstag am 13. Juni ist unter dem Titel »Unzertrennlich« das erste und einzige gemeinsam verfasste Buch von ihm und seiner Frau Marilyn erschienen.

Die Kulturwissenschaftlerin und Feministin war es, die ihrem Mann, dem Psychoanalytiker und späteren Schriftsteller, die Verbindung von Psychotherapie und Philosophie eröffnete und damit zur Begründung der Existenziellen Psychotherapie wesentlich beigetragen hat.

Das Buch beginnt mit einer Reihe privater Aufnahmen von Familienfeiern Weiterlesen „Krisenlektüre 10: »Unzertrennlich« von Marilyn und Irvin D. Yalom“

Gefahr aus dem Stall

Intensive Tierhaltung begünstigt die Entstehung neuer Krankheiten. Bei der Politik zur Bekämpfung des Coronavirus spielt das keine Rolle – obwohl Wissenschaftlerinnen bereits seit Jahrzehnten vor den Gefahren warnen.

Das neuartige Coronavirus kam für viele überraschend. Doch bei Sars-CoV-2 handelt es sich nur um eine von vielen sogenannten Zoonosen, deren Zahl seit Jahrzehnten immer weiter steigt. Drei Viertel aller neu auftretenden für den Menschen gefährlichen Infekte sind solche Zoonosen, also Krankheiten, die von Tieren auf Menschen und andersherum übertragen werden können; das stellte bereits 2001 eine Metastudie der Universität Edinburgh fest. Zu den bekanntesten zählen HIV, EHEC (E. coli), BSE und Toxoplasmose. Sars-Cov-2 ist nur das jüngste Glied in der Reihe – aber sicher nicht das letzte.

Weiterlesen „Gefahr aus dem Stall“

Fleisch-Linkes Kulinarium Teil II

Wenn die Lieblingsjournalistinkollegin Geburtstag feiert, gibt es traditionell Katzencontent und irgendwas mit Glitzer und Rosa. Weil: Das ist systemrelevant. Und außerdem wird sie jetzt Kita-Prinzessin, da kann es gar nicht genug glitzern. (Müsst ihr gar nicht verstehen.) Die Schmetterlinge glitzern jedenfalls in echt, das kommt auf dem Foto nur nicht so rüber. Egal.

Wer auch mal rosa Glitzermuffins mit Rhabarber-Kokos-Geschmack backen will, kann das gerne tun und noch besser nach eigenem Gusto abwandeln (die Mengenangaben sind Schätzwerte, weil ich mir natürlich mal wieder nix aufgeschrieben habe – wird schon klappen): Weiterlesen „Fleisch-Linkes Kulinarium Teil II“

Krisenlektüre 9: »Das Elend der Verschickungskinder« von Anja Röhl

»Meine Pädagogik ist hart. Das Schwache muss weggehämmert werden … Eine gewalttätige, herrische, unerschrockene, grausame Jugend will ich … Schmerzen muss sie ertragen. Es darf nichts Schwaches und Zärtliches an ihr sein … Beherrschung müssen sie lernen. Sie sollen mir in den schwierigsten Proben die Todesfurcht besiegen lernen …«

So kennzeichnete Adolf Hitler das Ziel nationalsozialistischer Erziehungsarbeit. Die damit aufwuchsen bzw. ihre ersten beruflichen Erfahrungen sammelten, stellten den Großteil derjenigen, die nach 1945 wiederum in Kinderheimen, in Kinder- und Jugendpsychiatrien und in Kindererholungsheimen in ganz (West)Deutschland als Ärzt*innen, Pflegekräfte und Erzieher*innen tätig waren. Weiterlesen „Krisenlektüre 9: »Das Elend der Verschickungskinder« von Anja Röhl“

Krisenlektüre 8: »Die Sprachreiniger« von Karl-Heinz Göttert

Karl-Heinz Göttert: Die Sprachreiniger Buchcover
Bild: Propyläen

Karl-Heinz Göttert: Die Sprachreiniger. Der Kampf gegen Fremdwörter und der deutsche Nationalismus (Propyläen, Berlin 2019, 368 Seiten, € 24,-)

„Früher war mehr Christkindleins Haar!“ Kennen Sie nicht, den urdeutschen Spruch? Dann sind Sie wohl der Verwelschung anheimgefallen und kennen sich in ihrer eigenen Muttersprache recht schlecht aus.

Der Sprachwissenschaftler Karl-Heinz Göttert zeichnet in seinem populärwissenschaftlichen Buch Die Sprachreiniger die Verbindung von völkischer Sprachkritik und Nationalismus vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg nach.

Weiterlesen „Krisenlektüre 8: »Die Sprachreiniger« von Karl-Heinz Göttert“

Krisenlektüre 7: »Frau Einstein« von Marie Benedict

Marie Benedict: Frau Einstein Buchcover
Bild: Kiepenheuer & Witsch

Marie Benedict: Frau Einstein (Kiepenheuer & Witsch, Köln 2018, übersetzt aus dem amerikanischen Englisch von Marieke Heimburger, 368 Seiten, € 20,-)

„Die Dunkelheit wird dichter. In der kurzen Zeit, die mir verbleibt, grabe ich in der Vergangenheit nach Antworten wie eine Archäologin. Ich hoffe, herauszufinden, dass die Zeit – so, wie ich es vor vielen Jahren vermutet habe – relativ ist.“

Mit dem Ende beginnt Marie Benedicts mitreißende Nacherzählung der Lebensgeschichte Mileva Marićs, der ersten Ehefrau Albert Einsteins. Benedict schreibt aus der Ich-Perspektive. Die Leserin sieht die Welt durch Marićs Augen – und was sie erblickt, ist oft schmerzhaft. Weiterlesen „Krisenlektüre 7: »Frau Einstein« von Marie Benedict“

Tote gegen Tote

Gedenken an die Corona-Toten in Hamburg
Gedenken an die Corona-Toten in Hamburg-Altona

Corona-Tote sichtbar machen: In Berlin, Recklinghausen, Hamburg, Bad Kreuznach, Zürich, Linz, auf La Palma und in vielen weiteren Städten haben sich seit Anfang Dezember zahlreiche Menschen einer von der Künstlerin Veronika Radulovic und dem Schriftsteller Christian Y. Schmidt gegründeten Initiative angeschlossen. Jeweils sonntags zum Sonnenuntergang stellen sie Kerzen zum Gedenken an die vielen Toten auf, die am Coronavirus gestorben sind.

Die Kerzen sollen ein Zeichen setzen gegen die Anonymität und gegen das Schweigen. Denn die Toten kommen in den Medien bisher überwiegend abstrakt als Zahlen in einer Statistik vor. In knappen Worten werden »die Zahlen« mit weniger Emotion verlesen als die Lottoergebnisse. Und je mehr es werden, desto stiller wird es in den Medien – die Gesamtzahl der Gestorbenen muss man inzwischen immer öfter selbst recherchieren, sofern nicht gerade eine berichtenswerte traurige neue Anzahl erreicht ist. Weiterlesen „Tote gegen Tote“

Zum Nachhören: »Vegan ist nicht genug«. Zur Unmöglichkeit der Revolution im Supermarkt

Achtung, nachhaltige Kapitalismuskritik!

Die Students for Future aus Köln hatten mich für die Public Climate School im vergangenen November um einen Vortrag gebeten. Thema: „Vegan ist nicht genug“. Zur Unmöglichkeit der Revolution im Supermarkt. Den Vortrag könnt ihr hier nachhören:

Weiterlesen „Zum Nachhören: »Vegan ist nicht genug«. Zur Unmöglichkeit der Revolution im Supermarkt“

Krisenlektüre 6: »Tarzan und die Herrenrasse« von Norbert Bernhard

Bild: Lenos-Verlag

Norbert Bernhard: Tarzan und die Herrenrasse. Rassismus in der Literatur (Lenos-Verlag, Basel 1986, antiquarisch)

Obgleich sprachlich kein besonderer Wurf, punktet Norbert Bernhards Tarzan und die Herrenrasse vor allem durch die Vielzahl von Zitaten aus den Werken weißer Herren wie Karl May, Rudyard Kipling, Jules Verne, Edgar Wallace, Daniel Defoe und Edgar Rice Burroughs, aber auch Mark Twain und Charles Darwin, die deren kolonialrassistische Weltanschauung belegen. Weiterlesen „Krisenlektüre 6: »Tarzan und die Herrenrasse« von Norbert Bernhard“

Kaltland

Aussagen nach der Art „An der Grippe und anderen Krankheiten sterben auch viele Menschen, das ist halt so“ scheinen mittlerweile standardisiert im Pandemiebewusstsein der Deutschen zu sein. Dieser Fatalismus, diese offenkundige Barbarei nicht nur zu akzeptieren, sondern zu verteidigen, erklärt sich zum Teil aus der Verrohung, die die kapitalistische Produktionsweise mit ihrem Verwertungszwang und ihrer Entfremdung erzeugt und die das Denken und Fühlen zerstört. Verletzlichkeit wendet sich in Aggression, reale wie irrationale Ängste gleichermaßen kanalisieren sich in rechten Parolen. Das Wissen um die eigene Verelendung kulminiert einzig in dem Wunsch, den anderen möge es noch viel elender ergehen. Weiterlesen „Kaltland“